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Mullard 438BGY VHF Leistungsverstärker

438BGY

Der 438BGY ist ein von Mullard entwickelter VHF-Leistungsverstärker. Der Baustein wurde im Jahr 1974 als neu beworben (Wireless World, Dezember 1974). 9125 könnte der Datecode des vorliegenden Verstärkers sein.

Mullard hatte mehrere HF-Verstärkermodule im Angebot, bei denen die Buchstaben BGY am Anfang der Typbezeichnung stehen. Der 437BGY und der 438BGY stellen eine Ausnahme dar. Der 438BGY liefert im Frequenzbereich von 68-88MHz bei einer Eingangsleistung von 150mW eine Ausgangsleistung von mindestens 18W. Die Versorgungsspannung beträgt 12V. Eingang und Ausgang sind auf 50Ω angepasst. Der Artikel in der Zeitschrift Wireless World hebt hervor, dass der 438BGY auch mit starker Fehlanpassung zurechtkommt.

 

Schaltplan BGY32

Ein Datenblatt für den 437BGY ist nicht aufzutreiben. Es findet sich ein Philips-Datenblatt für den BGY43, der aber auf ein anderes Frequenzband ausgelegt ist (148-174MHz). Ein Mullard Produktkatalog von 1974/1975 führt den 437BGY, nennt allerdings nur die grundlegenden Kennwerte. Für die Verstärker BGY32, BGY33, BGY35 und BGY36 existiert ein Philips-Datenblatt in dem der obige Schaltplan abgedruckt ist (hier mit Bauteilbezeichnungen ergänzt). Die Spezifikationen des BGY32 stimmen mit denen des 438BGY überein und wie sich gleich noch zeigen wird, entspricht der Aufbau auch fast exakt dem Schaltplan.

Die Schaltung besteht aus zwei Teilen, einem Vorverstärker (T2) und einer Endstufe (T3). An den Ein- und Ausgängen der Verstärkerstufen befinden sich LC-Glieder, die den Frequenzbereich eingrenzen und für eine Anpassung der unterschiedlichen Impedanzen sorgen. Für Vorverstärker und Endstufe ist jeweils eine eigene Versorgung vorgesehen.

Der Transistor T1 stellt den Arbeitspunkt des Vorverstärkers ein. Dessen Basis-Emitter-Spannung liegt an der Basis-Emitter-Strecke des Transistors T2 an. Passend ausgelegt kann man so sicherstellen, dass T2 nie ganz abschaltet. Interessant ist, dass der Transistor T1 nicht an die Versorgung des Vorverstärkers, sondern an die Versorgung der Endstufe angebunden wurde. Diese Verschaltung soll wahrscheinlich die Gefahr reduzieren, dass die Arbeitspunkteinstellung als Mitkopplung aggiert und den Verstärker zu Schwingungen anregt. In der Endstufe um den Transistor T3 wurde auf eine Arbeitspunkteinstellung verzichtet.

 

438BGY Gehäuse

Auf dem Gehäuse weist ein Aufkleber darauf hin, dass der Baustein Berylliumoxid enthält.

 

438BGY Gehäuse

Die Abdeckung des 438BGY ist auf dem sehr massiven Kühlkörper aufgeklebt.

 

438BGY Schaltung

Im Inneren des Bausteins befindet sich eine Platine, die mit blanken Dies, THT-, SMT-Bauteilen bestückt ist. Die meisten Induktivitäten wurden durch Schleifen und Spiralen realisiert.

Der Baustein ist hier um 180° gedreht, da diese Verstärker in den Datenblättern üblicherweise so dargestellt werden. Abgesehen davon erfolgt der Signalfluss nun von links nach rechts.

 

438BGY Platine

Seitlich betrachtet zeigt sich, dass es sich bei dem Schaltungsträger um eine normale Platine handelt. Das Glasfasergewebe ist gut zu erkennen. Ebenfalls gut zu erkennen ist die beidseitige Kupferkaschierung.

 

438BGY Platine

An mehreren Stellen befinden sich Durchkontaktierungen, die das Massepotential auf die Rückseite der Platine führen. So erreicht das Massepotential den Kühlkörper, der es mit niedriger Impedanz verteilt.

An den Rändern sind teilweise die Reste von weiterführenden Leitungen zu erkennen. Diese Kontakte sorgen während der Herstellung der Platine dafür, dass alle Bereiche elektrisch miteinander verbunden sind. So lässt sich die Goldbeschichtung ohne Weiteres galvanisch aufbringen.

 

438BGY Analyse

Wie bereits angedeutet, entspricht die Verschaltung Großteils dem Schaltplan des BGY32. Auf den hier verwendeten Bezeichnungen basieren die Bezeichnungen, die im obigen Schaltplan nachträglich eingetragen wurden.

 

438BGY Analyse

Den linken Teil der Platine nimmt der Vorverstärker ein. Spiralförmige Leiterbahnen bilden die notwendigen Induktivitäten. Die Platzierung der Bonddrähte bestimmt die wirksame Induktivität und kann leicht variiert werden. Die Induktivität L3 ist nicht direkt sichtbar. Vermutlich ergibt sie sich aus den Zuleitungen des Widerstands R2 und dessen parasitärer Induktivität.

 

438BGY Kondensatoren

 Größere Kapazitäten sind als klassische SMT-Keramikkondensatoren ausgeführt. Kleinere Kapazitäten hat man mit metallisierten Siliziumplättchen umgesetzt. Diese Plättchen besitzen neben einer großen Metallfläche zwei zusätzliche kleine Flächen, über die sich die Gesamtkapazität variieren lässt. Je nachdem wie viele der Flächen mit der Hauptfläche verbunden werden, ändert sich die wirksame Kapazität.

Es ist gut denkbar, dass die VHF-Verstärker mit der Kernbezeichnung BGY auf dem gleichen Layout basieren. Die Frequenzbereiche zwischen 68MHz und 174MHz lassen sich sicher über eine Variation der vorhandenen Induktivitäten und Kapazitäten realisieren.

 

438BGY T1 Die

Der Transistor T1 ist der optischen Erscheinung nach ein Standardtransistor. Da er nur der Arbeitspunkteinstellung dient, werden hier keine speziellen Eigenschaften benötigt.

 

438BGY D1 Die

Am Eingang des Vorverstärkertransistors befindet sich ein Element, das im obigen Schaltplan nicht dargestellt ist. Das Die enthält vier runde Elemente, von denen nur eines kontaktiert wurde. Vermutlich handelt es sich um eine Diode, die die Basis-Emitter-Strecke des Vorverstärkertransistors vor negativen Spannungen schützt.

 

438BGY Keramikträger

438BGY Keramikträger

Der Vorverstärkertransistor T1 befindet sich auf einem eigenen Träger. Der Verguss der Baugruppe erschwert den Blick auf diesen Träger. Es scheint sich um das Berylliumoxid zu handeln, vor dem der Aufkleber auf dem Gehäuse warnt. Der Transistor wurde nicht auf die Platine aufgelötet, da diese einen sehr viel höheren Wärmewiderstand darstellt. Über die Berylliumoxidkeramik kann die Verlustleistung des Transistors dagegen effektiv zum Kühlkörper abgeleitet werden.

 

438BGY T2 Die

438BGY T2 Die

Der Vorverstärkertransistor ist auf eine hohe Grenzfrequenz optimiert. Der Emitter verteilt sich auf viele schmale Streifen. In jedem Zwischenraum wird die Basisfläche kontaktiert. So ergeben sich niedrige Impedanzen im Basispfad, was es ermöglicht den Transistor schnell ein- und auszuschalten. Um die notwendige Leistung darstellen zu können, sind vier Transistorflächen auf dem Die integriert.

 

438BGY Kondensatoren

Bei den Kondensatoren am Ausgang des Vorverstärkers scheint der erste Bondvorgang schief gelaufen zu sein. Man könnte vermuten, dass an dieser Stelle der Frequenzgang nachträglich optimiert wurde. Dagegen sprechen allerdings die Abdrücke des ersten Bondvorgangs auf dem linken Kondensator. Demnach kontaktierten zwei Bonddrähte zweimal die große Fläche, anstatt die große mit den kleinen Flächen zu verbinden. Auf dem rechten Kondensator wurde anscheinend ein Bonddraht zu hoch angesetzt.

 

438BGY Endstufe

Auf der rechten Hälfte der Platine befindet sich die Endstufe des 438BGY.

 

438BGY Induktivität

Hier scheint es eher so als hätte man den Frequenzgang nachträglich angepasst. Beim ersten Bondvorgang kontaktierten die Bonddrähte noch einen anderen Bereich der Induktivität.

Der kurze Bonddraht in der rechten unteren Ecke hat elektrisch kaum einen Einfluss. Er reduziert nur minimal den Widerstand der Induktivität. Vielleicht wurde damit der Bonder getestet oder justiert.

 

438BGY Ferrit

Die Induktivität L6 ist die Einzige, die mit einem Kern aufgebaut wurde. Sie definiert das Potential am Eingang der Endstufe. Damit sie möglichst wenig des HF-Signals zum Massepotential hin ableitet, muss sie eine möglichst hohe Induktivität darstellen. Als Spirale auf der Platine würde eine solche Induktivität viel zu viel Fläche einnehmen, weswegen man hier einen ringförmigen Kern eingesetzt hat. Der Ring besteht höchstwahrscheinlich aus einem Ferritmaterial. Die seitliche nach oben führende Leitung bildet eine einzelne Windung ab.

 

438BGY T3 Die

Der Endstufentransistor befindet sich, wie der Vorverstärkertransistor, auf einem Berylliumoxidträger, der in einer Aussparung der Platine direkt auf dem Kühlkörper sitzt. Der Strom beträgt an dieser Stelle weniger als 1A, die vielen Bonddrähte sind notwendig, um die parasitären Induktivitäten niedrig zu halten.

Der Transistor selbst besteht aus sechs Elementen, die zu Paaren zusammengefasst sind.

 

438BGY T3 Die

438BGY T3 Die

Man kann gerade noch erkennen, dass es sich um sogenannte Overlay-Transistoren handelt, wie sie im Rahmen des 2N3553 genauer beschrieben sind. Jeder Transistor besteht aus vielen kleinen Emittern, die in die jeweilige Basisfläche eingelassen sind. Schön zu erkennen sind auch die kurzen Emitterwiderstände, die jede vertikale Emitterreihe mit einem horizontalen Streifen verbinden. Der horizontale Streifen stellt einen zusätzlichen Emitterwiderstand dar, der eine gleichmäßige Stromverteilung über alle sechs Transistorflächen sicherstellt.

 

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