Das hier vorliegende Bauteil stammt aus dem Infrarot-Thermometer DT8380. Es handelt sich um eine sogenannte Thermosäule. Das Fenster auf der Oberseite ist durchlässig für Infrarotstrahlung. Im Inneren befindet sich eine Serienschaltung von Thermoelementen, die eine Spannung proportional zur Wärmestrahlung erzeugen.
Das Gehäuse trägt keinerlei Beschriftung. Wie sich noch zeigen wird, stammt das Bauteil von der taiwanesischen Firma Oriental System Technology. Die Modellbezeichnung lautet wahrscheinlich OTP666C.
Ein in den Deckel des Gehäuses eingeklebter Quader stellt das optische Fenster dar.
Im Gehäuse befindet sich ein großes Die, dass die Thermosäule darstellt und über zweimal zwei Bonddrähte mit zwei Pins verbunden ist. An der unteren Kante des Dies kann man die Zeichenfolge OTP666C erkennen.
Ein Thermistor ermöglicht es die Referenztemperatur der Thermosäule zu bestimmen.
Unter der Bezeichnung OTP666C finden sich keine weiteren Informationen. Allerdings vertreibt die taiwanesische Firma Oriental System Technology sehr ähnliche Thermosäulen und im Datenblatt der OTP638D2 ist sogar das eingesetzte Die abgebildet. Es zeigt sich, dass hier ein sehr ähnliches, wenn nicht sogar das gleiche Design verwendet wurde.
Das Datenblatt der OTP638D2 liefert einige typische Werte für derartige Bauteile. Die Empfindlichkeit von 128V/W lässt auf den ersten Blick hohe Ausgangsspannungen vermuten. Tatsächlich beträgt die Ausgangsspannung bei 50°C aber nur 2,4mV (bei 25°C Referenztemperatur).
Der Artikel "Design and Fabrication of a Low-Cost Thermopile Infrared Detector" der im Journal Micromachines veröffentlicht wurde, zeigt den Aufbau einer solchen Thermosäule. Der aktive Teil befindet sich über einem großen Hohlraum. Diese Konstruktionsweise ist der Grund, warum derartige Thermosäulen zu den MEMS-Bauteilen zählen.
Um den inneren Kreis sind die sogenannten hot junctions angeordnet. In diesem Bereich bilden die Kontaktstellen von zwei verschiedenen Materialien Thermoelemente. An ihnen fällt eine Thermospannung ab, die proportional zur Temperatur ist. Durch die Reihenschaltung der Thermoelemente ergeben sich im Außenbereich ebenfalls Thermoelemente, die sogenannten cold junctions. Die äußeren Thermoelemente müssen möglichst auf dem Referenztemperaturniveau des Gehäuses gehalten werden. Aus diesem Grund versucht man die beiden Bereiche möglichst gut thermisch voneinander zu isolieren. Der Hohlraum sorgt dafür, dass nur die dünnen Leitungen einen relevanten Wärmeleiter darstellen.
Ein weiterer Vorteil des Hohlraums ist die geringe thermische Masse des aktiven Bereichs. Das garantiert eine kurze Zeitkonstante. Im Datenblatt des OTP638D2 sind 17ms spezifiziert.
Wählt man die Fokussierung etwas anders, so kann man durch den aktiven Bereich den Boden des Gehäuses erkennen.
Die Kantenlänge des Dies, auf dem die Thermosäule integriert ist, beträgt 1,75mm. Die Bondflächen in den unteren Ecken sind mit - und + gekennzeichnet. An diesen Punkten kann die Spannung der Thermosäule abgegriffen werden.
Die Bondflächen in den oberen Ecken sind mit einer langen Leitung verbunden, die sich in vielen Schleifen über die linke, die rechte und die obere Kante erstrecken. Vielleicht handelt es sich hier um eine Option, um die Referenztemperatur der Thermosäule zu bestimmen. Die Integration einer Heizung erscheint wenig sinnvoll, könnte aber im Rahmen eines speziellen Abgleichs eventuell auch nützlich sein.
Die sogenannten hot junctions (rot) befinden sich in der Mitte unter der schwarzen Beschichtung. Erwärmt die Infrarotstrahlung diese Verbindungen, so entsteht die dazu proportionale Temperaturspannung. Durch die Reihenschaltung von 116 Thermoelementen ergibt sich eine verhältnismäßig hohe Ausgangsspannung. Die cold junctions (türkis) sind in einem Quadrat um den Hohlraum herum angeordnet.
Auf dem inneren Bereich ist eine schwarze Beschichtung mit einer unregelmäßigen Oberfläche aufgebracht. Diese Maßnahme sorgt dafür, dass möglichst viel Infrarotstrahlung absorbiert wird und die Temperatur des inneren Bereichs erhöht.
Die äußere Optik des Infrarot-Thermometers DT8380 reduziert die Gefahr, dass Infrarotstrahlung auf den äußeren Bereich der Thermosäule trifft und dort die cold junctions erwärmt, was die Messung verfälschen würde.
Der oben bereits erwähnte Artikel beschäftigt sich näher mit der Form der hot junctions, die beim vorliegenden Bauteil auf Grund der Beschichtung nicht zu sehen sind.
Der exakte Aufbau dieser Thermosäule lässt sich gerade noch auflösen. Bei jedem Thermoelement führt ein im Mittel ungefähr 20µm breiter Polysiliziumstreifen zum inneren Kontakt. Auf dem Siliziumstreifen befindet sich der zugehörige, mit ungefähr 4µm deutlich schmalere Aluminiumstreifen. Im Randbereich kontaktiert die Metalllage dann die nächste Polysiliziumleitung.
In der seitlichen Aufnahme der Beschichtung lässt sich erkennen, dass die Leitungen sehr viel breiter als hoch sind. Man kann also abschätzen, dass die Leitungen nur wenige Mikrometer hoch sind.